Landtags-Rede
Dringliche Anfrage - Vertuscht die Landesregierung Ermittlungpannen im Fall Edathy?
Sitzung am 15. Mai 2014 Top 20 b
Die Landesregierung hat das Hohe Haus bereits mehrfach ausführlich über das
Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy wegen des Besitzes
kinderpornographischer Schriften unterrichtet.
In der Plenarsitzung im Februar war das Ermittlungsverfahren Gegenstand einer
Aktuellen Stunde sowie von zwei Dringlichen Anfragen. Darüber hinaus wurde der
Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen durch mich selbst, durch meinen
Staatssekretär sowie zuletzt in der vergangenen Woche durch den zuständigen
Abteilungsleiter im Justizministerium zum jeweiligen Stand des
Ermittlungsverfahrens sowie zu Einzelfragen unterrichtet.
Nun gibt es einen neuen Sachverhalt: Am Nachmittag des vergangenen Freitags,
dem 9. Mai, wandte sich der Verteidiger des Herrn Edathy an das
Justizministerium mit einer Mitteilung. Er habe erfahren, dass der
Mandatsverzicht seines Mandanten nicht schon am 7. Februar - wie bislang
angenommen - wirksam geworden sei. Der Mandatsverzicht sei erst mit Ablauf des
10. Februar 2014 wirksam geworden.
Das Schreiben gab der Verteidiger, Herr Rechtsanwalt Noll, zugleich an die
Presse weiter.
Der neue Sachverhalt ist Gegenstand Ihrer Anfrage, sehr geehrte Damen und
Herren von der CDU, und hieran knüpfen sich Ihre Fragen.
Zu Frage 1:
Die Durchsuchungen der Geschäfts- und Privaträume des Beschuldigten Edathy am
10. Februar 2014 beruhen auf Durchsuchungsbeschlüssen des Amtsgerichts Hannover
vom selben Tag.
Diese Beschlüsse hat der Beschuldigte Edathy mit dem Rechtsmittel der
Beschwerde angegriffen. Das Landgericht Hannover hat am 1. April 2014 die
Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Hannover
bestätigt.
Gegen diese Entscheidung hat Herr Edathy - Presseberichten zufolge - Anfang
Mai Verfassungsbeschwerde erhoben. Er soll nach Presseberichten argumentieren,
das Amtsgericht Hannover habe zu Unrecht einen Anfangsverdacht angenommen.
Es gibt bislang keine verfassungsgerichtliche Entscheidung zur Frage, welche
Tatsachen vorliegen müssen, um einen Anfangsverdacht für den Besitz
kinderpornographischer Bilder zu begründen. Die Landesregierung ist auch nicht
berufen, anstelle des Bundesverfassungsgerichts hierzu eine rechtsverbindliche
Einschätzung abzugeben.
Und nun stellt sich die neue Frage, ob die Durchsuchungen jedenfalls dann
rechtswidrig waren, wenn der Beschuldigte Edathy am 10. Februar 2014 noch
Abgeordneter war.
Während der Dauer ihres Mandats genießen Abgeordnete des Deutschen
Bundestages nach Artikel 46 des Grundgesetzes Immunität. Sie können, soweit der
Immunitätsschutz reicht, ohne Genehmigung des Deutschen Bundestages
strafrechtlich nicht verfolgt werden.
Im Strafverfahren bildet die Immunität deshalb ein Verfahrenshindernis.
Die Immunität endet unter anderem dann, wenn der Abgeordnete aus dem
Parlament ausscheidet. Etwa durch Verzicht auf das Mandat. Im Falle eines
Verzichts auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erlischt das Mandat mit
der Entscheidung des Bundestagspräsidenten. Die ergeht in der Form einer
Bestätigung der Verzichtserklärung. So sieht es das Bundeswahlgesetz vor.
Das Ausscheiden des Abgeordneten aus dem Bundestag wird sodann im
Bundesanzeiger bekannt gegeben.
Der Bundeswahlleiter hat im Bundesanzeiger vom 26. Februar 2014 bekannt
gegeben, dass der Abgeordnete Edathy mit Ablauf des 6. Februar 2014 aus dem
Deutschen Bundestag ausgeschieden ist.
Von dieser amtlichen Bekanntmachung geht die Landesregierung auch aus Respekt
vor dem Präsidenten des Bundestags aus. Auf dessen Mitteilung muss die
Eintragung beruhen.
Ist diese amtliche Bekanntmachung richtig, stellt sich mit Blick auf die
Immunität des Sebastian Edathy die Frage der Rechtmäßigkeit der Durchsuchungen
nicht.
Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung abschließend zu bewerten, ob die
amtliche Bekanntmachung inhaltlich richtig oder falsch ist. Eine Bestätigung des
Bundestagspräsidenten über einen anderen Zeitpunkt des Ausscheidens von Herrn
Edathy liegt bislang nicht vor.
Eine Bemerkung erlauben Sie mir noch: Wir interessieren uns doch alle für die
Frage, ob mögliche Erkenntnisse aus den Durchsuchungen am 10. Februar im
Ermittlungsverfahren wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften verwertbar
sind. Auch dann, wenn Sebastian Edathy an diesem Tag noch Abgeordneter gewesen
sein sollte. -- Ja, sie sind verwertbar, wenn man der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs folgt.
Etwas anderes gälte nur dann, wenn die Staatsanwaltschaft vorsätzlich die
Immunität eines Abgeordneten verletzt hätte. Aber dafür gibt es, meine Damen und
Herren, nicht die geringsten Anhaltspunkte! -- Es war der Beschuldigte selbst,
der seinen Verzicht auf das Bundestagsmandat mit Wirkung zum 7. Februar 2014
öffentlich gemacht hatte.
Im Übrigen beruhen die weiteren Durchsuchungen und Sicherungsmaßnahmen nach
dem 10. Februar, auch die im Deutschen Bundestag selbst, auf
Durchsuchungsbeschlüssen, die nach dem 10. Februar beantragt worden sind. All
diese Maßnahmen werden von der Frage „Immunität ja oder nein" nicht berührt.
Zu den Fragen 2 und 3:
Die Klärung der Immunitätsfrage hängt von der Wirksamkeit und inhaltlichen
Richtigkeit der amtlichen Bekanntmachung des Bundeswahlleiters im Bundesanzeiger
ab. Diese Frage ist Gegenstand der Prüfung durch die Generalstaatsanwaltschaft
Celle und die Fachabteilung meines Hauses.
Auf dieser Grundlage kann bislang nicht von wesentlichen Versäumnissen der
Staatsanwaltschaft gesprochen werden.
Edathy (VIII): Mein Name steht auf der gleichen Liste?
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